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Robotic Process Automation (RPA) ist ein schnelles, non-invasives Automatisierungs-Verfahren, das auf der bestehenden Infrastruktur und Systemlandschaft aufsetzt. Eine intuitive Low-Code-Technologie, mit der sogar „Citizen Developer“ in den Fachbereichen ihre eigenen Business-Prozesse im Handumdrehen automatisieren können.

RPA ist einfach? Das ist nur die eine Seite der Medaille: das große Marktversprechen, das anfangs eine regelrechte Hype und einen Run auf RPA auslöste, und mittelfristig die hohen Erwartungen enttäuschte. 2016 diagnostizierte eine Studie: 30-50 % aller RPA-Initiativen sind gescheitert. Zwei Jahre später hatten laut einer Umfrage zwar schon 53 % der teilnehmenden Unternehmen ihre „Automation Journey“ längst angetreten – aber nur 3 % konnten ihre digitale Workforce unternehmensweit skalieren. Das liegt nicht unbedingt an der eingesetzten Technologie – eher an mangelnder Governance.

RPA-Bruchpiloten: das frühe Ende der Automation Journey

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RPA ist einfach, das ist nicht verkehrt – aber nur die halbe Wahrheit. Digitale Aufgaben hier und da mit Low-Code-Tools automatisieren ist schnell getan. Aber RPA, gedacht als unternehmensweites Projekt, ist komplex. Prozessautomatisierung organisationsübergreifend orchestrieren, skalieren und Unternehmen wirklich digital transformieren ist ein anspruchsvolles Unterfangen.

Meist starten einzelne Fachbereiche erste RPA-Piloten und erzielen tatsächlich schnelle, kleine Erfolge. Auf dieser Etappe stagniert die Automation Journey aber regelmäßig:

RPA […] automatisiert konkrete Aufgaben – oder anders ausgedrückt: RPA ahmt menschliche Tätigkeiten auf der Ebene individueller Arbeit nach. Auf der Mikroebene bewirkt das viel, aber für die Gesamtorganisation ergeben sich nur punktuelle Verbesserungen. [Diese] „Innovationsinseln“ [sind] nicht per se schlecht und können tatsächlich ein guter Ausgangspunkt für die Reise auf dem Weg zur digitalen Transformation sein, aber solange Sie diese Inseln nicht miteinander verbinden, kommen Sie hier nicht mehr weiter.

Unternehmen sollten jetzt einen Schritt zurücktreten und sich fragen, was sie eigentlich mit der Prozessautomatisierung erreichen wollten (und ob diese Ziele erreicht wurden). Wenn es nur um die Automatisierung einer einzelnen Aufgabe ging, dann sollte man auf jeden Fall genauso mit RPA fortfahren. Wenn es sich jedoch um das umfassendere Ziel der digitalen Transformation handelt, werden Sie es mit isolierten RPA-Maßnahmen nicht erreichen.

Gustavó Gomez: The Truth about why RPA fails to scale, 2020

RPA richtig steuern: Mit RPA Governance sicher ans Ziel

Wie wird aus verstreuten „RPA-Inseln“ eine kohärente Automatisierungs-Landschaft? Die Antwort lautet: Governance. Governance [lat. gubernare: (das Steuerruder) führen, lenken, leiten] kommt ursprünglich aus dem Bereich des Staats- und Regierungswesens und bedeutet übertragen auf den wirtschaftlichen Sektor im weitesten Sinne die gesamthafte Steuerung von Organisationen oder Projekten.

RPA-Governance unterstützt die Auswahl bzw. den Einsatz geeigneter Tools und Prozesse zum souveränen Steuern sowohl einzelner RPA-Projekte als auch der unternehmensweiten Automatisierungslandschaft. Es geht darum, die organisationsübergreifende Zusammenarbeit von Prozessen, Menschen und Bots im Einklang mit der Automatisierungsstrategie effizient zu orchestrieren.

RPA Governance: Prozessautomatisierung planen, managen, umsetzen

Dieser Abschnitt stellt die wesentlichen Aspekte der RPA Governance im Hinblick auf RPA-Strategie, RPA-Management und RPA-Betrieb vor.

1. Strategischer Level: Wie plane ich RPA?

Ziele. Was möchten Sie mit dem Einsatz von RPA erreichen? Möchten Sie Prozessqualität und Effizienz verbessern und Kosten senken, müssen Sie FTEs abbauen bzw. Ressourcen für höherwertige Tätigkeiten freisetzen, wollen Sie Ihre Teams von stupiden Tätigkeiten oder von temporären Spitzenlasten befreien? Welche Abteilungen stehen dabei im Fokus? Je genauer Sie Ihre Ziele beschreiben, desto planvoller werden Sie Ihre RPA-Strategie entwickeln können.

KPIs. Anhand welcher Kennzahlen messen Sie den RPA-Erfolg? Das können betriebswirtschaftliche Angaben sein wie z.B. 15 % Prozesskostensenkung innerhalb des ersten Laufjahres oder Break-Even-Analysen, die den Zeitpunkt erfassen, an dem sich der Invest in RPA amortisiert. Interessant können auch „softe“ Kennzahlen wie die Erhöhung der Mitarbeiter- oder Kundenzufriedenheit sein, die sie z.B. per Umfragen vor und nach der Automatisierung prozentual erheben können. Außerdem: An wen werden diese Erfolgszahlen berichtet?

Commitment. Wie bekommen Sie das „Go“ für RPA? Sichern Sie im Vorfeld Fürsprecher, Subject Matter Experts und interne Sponsoren, um Ihre RPA-Initiative überzeugend bei der Unternehmensführung zu platzieren. Dazu gehört die Vorstellung der angestrebten Ziele inklusive dem erwartbaren Return on Invest sowie eine möglichst genaue Kapazitäten-, Zeit- und Budgetplanung. 

Tools. Welche Lösung werden Sie für die Prozessautomatisierung verwenden? Wer ist an der Auswahl des Tools beteiligt? Können Sie Ihren Bedarf und die geeignete RPA-Software intern evaluieren, oder ziehen Sie externe Berater hinzu, die auf Automatisierungslösungen spezialisiert sind? Erkundigen Sie sich bei RPA-Anbietern, ob Referenzkunden für Gespräche zur Verfügung stehen. Nutzen Sie kostenlose Testversionen oder führen Sie Proof of Concepts durch, um verschiedene Lösungen praktisch zu vergleichen. Beziehen Sie neben der IT-Abteilung auch Fachbereichsleiter:innen oder Key User aus den Business Units in den Entscheidungsprozess ein, damit sie die Benutzerfreundlichkeit für die Geschäftsanwender:innen beurteilen können.

Prozesse. Welche Prozesse möchten Sie automatisieren? Wählen Sie die RPA-Prozesse auf der Grundlage der von Ihnen definierten Ziele und KPIs aus. Überlegen Sie, wie Sie die Implementierung der Automatisierungen priorisieren, d. h. mit welchen Prozessen Sie starten und wie Sie die RPA-Pipeline sukzessive füllen werden. Sie sollten zunächst einen kleineren „Pilotprozess“ automatisieren, der dem Management und den Fachabteilungen die Funktion und den Nutzen von RPA veranschaulicht.

2. Management-Level: Wir steuere ich RPA?

Teams, Rollen, Kompetenzen. Welche Stakeholder sind in RPA-Projekten involviert? Wer hat welche Rollen inne und welche Aufgaben sind damit verbunden? Wer trifft welche Entscheidungen und erteilt Freigaben? Wer informiert wen? RPA-Projekte beteiligen vom Process Owner über den Bot-Entwickler und IT-Administrator zahlreiche Rollen, Verantwortlichkeiten, Arbeitsbereiche und Kommunikationswege, die von vornherein klar und trennscharf beschrieben werden müssen.

IT-Business-Alignment. Wer ist verantwortlich für RPA – das Business oder die IT? RPA-Projekte werden häufig von der IT-Abteilung gemanagt und gesteuert, während die Bots in verschiedenen Fachbereichen oder an verschiedenen Unternehmensstandorten mithilfe entsprechender Low-Code-Ansätze entwickelt werden. In diesem hybriden Organisationsmodell fungiert die IT-Abteilung als zentraler „Business Enabler“, während die Fachabteilungen Innovation in den Randbereichen vorantreiben. In jedem Fall erfordert diese Konstellation eine enge und koordinierte Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen IT und Business, um gemeinsam die gewünschten Ziele zu erreichen – idealerweise auf einer gemeinsamen RPA-Plattform.

Projektmanagement. Welche konkreten Phasen durchläuft ein einzelnes RPA-Projekt? Welche Rollen sind in den verschiedenen Projektphasen involviert und welche Aktivitäten werden durchgeführt? Es gibt keinen internationalen Standard für die praktische Umsetzung von RPA-Projekten, aber im Laufe der Jahre hat sich das Modell des „RPA Lifecycle“ analog zum Software Development Lifecycle (SDLC) mit den Phasen Planung, Entwicklung, Test und Wartung etabliert. Der plattformbasierte Ansatz von MuleSoft RPA steuert Automatisierungsprojekte standardmäßig über den kompletten RPA-Lebenszyklus hinweg.

Wissensmanagement. Wie transportieren Sie RPA-Know-how in Ihr Unternehmen? Stellen Sie ein Team aus Subject Matter Experts und RPA-Evangelisten zusammen und installieren Sie ein RPA Center for Enablement, das RPA-Wissen und Kompetenzen bündelt und Business User in allen Fachabteilungen rund ums Thema RPA fit macht. Das RPA Center for Excellence unterstützt beispielsweise bei der Identifizierung RPA-fähiger Prozesse, trainiert Business User in der RPA-Lösung oder stellt fertig konfigurierte RPA-Bausteine zur Wiederverwendung bereit. Diese Maßnahmen erhöhen die Akzeptanz und vertiefen die Kompetenzen rund um RPA und verankern das Thema Automatisierung nachhaltig in der Unternehmenskultur.

Change Management. Wie wird die Belegschaft reagieren, wenn die Bots Einzug halten? Veränderungen fallen Menschen bekanntlich schwer. Nehmen Sie Ihre Belegschaft von Anfang an auf die Automation Journey mit. Tauschen Sie sich regelmäßig mit allen Angestellten aus, bauen Sie etwaige Ängste vor Jobverlust ab und beleuchten Sie die Vorteile, die Ihren Teams entstehen, wenn RPA-Bots die „Robo-Jobs“ übernehmen. Die freiwerdenden Kapazitäten können Ihre Mitarbeiter:innen in wichtige Projekte oder Fortbildung investieren.

3. Operativer Level: Wie setze ich RPA um?

Prozesse erfassen, dokumentieren, evaluieren. Wo beginnen und was automatisieren? Eine standardisierte Dokumentation der Geschäftsprozesse mit all ihren Varianten und die Identifikation möglicher RPA-Kandidaten in den Fachbereichen bilden die konzeptuelle Grundlage für Ihre RPA-Initiativen.

Infrastruktur. Wo werden die Bots arbeiten? Die IT muss eine eine Entwicklungsumgebung, eine Testumgebung und eine skalierbare Infrastruktur für den operativen Einsatz der Bots bereitstellen, auf dedizierten Endgeräten oder auf virtuellen Maschinen. Stellen Sie außerdem die Installation und den Zugriff auf alle erforderlichen Anwendungen sicher.

Datenqualität. Wie können die Bots arbeiten? RPA-Bots öffnen und lesen keine analogen Dokumente, entziffern keine Handschrift und interpretieren keine Freitext-E-Mails. Die Eingangsdaten für RPA müssen standardisiert, strukturiert und digitalisiert sein, damit die Bots sie auslesen und weiterverarbeiten können. Stellen Sie sicher, dass sie mit Daten arbeiten können, die aus Webformularen, Excel-Tabellen oder Standard-E-Mails stammen.

Security. Wie automatisieren Sie sicher? RPA-Bots arbeiten in Live-Systemen mit realen Daten. Die IT-Abteilung muss entsprechende Zugriffsrechte für die Bots vergeben, verwalten und im Bedarfsfall wieder entziehen. Darüber hinaus muss die RPA-Lösung selbst über ein entsprechendes Sicherheitskonzept verfügen, das sensible Daten und Prozesse schützt.

Bots entwickeln. Wer entwickelt die RPA-Bots? Idealerweise sollte ein intuitives Low-Code-Verfahren wie z. B. MuleSoft RPA Recorder oder MuleSoft RPA Builder auch Mitarbeiter:innen aus dem Business schnelle und einfache Bot-Entwicklung ermöglichen. Darüber hinaus sollten RPA-Templates in zukünftigen Automatisierungsprojekten einfach wiederverwendet werden können. Dies beschleunigt den Entwicklungsprozess mit der Zeit erheblich.

Bots testen. Wie gut sind Ihre Bots? Wie jede andere unternehmenskritische Software müssen Sie für jeden RPA-Bot vor seiner Inbetriebnahme in einer separaten Testumgebung Abnahmetests durchführen, die eine einwandfreie Funktionalität und einen fehlerfreien Go Live sichern.

Bot-Betrieb. Wie behalten Sie den Überblick über die Automatisierungslandschaft? Für eine lückenlose Überwachung des RPA-Betriebs brauchen Sie neben einem permanenten Live-Monitoring ein automatisiertes Störungsmanagement. Wenn die Bots auf Fehler laufen sollten, erhalten Bot-Entwickler:innen Alerts mit detaillierten Fehlerbeschreibungen für schnelles und gezieltes Troubleshooting.

Change Management. Wie wirken sich Änderungen in der Prozess- oder Systemlandschaft aus? RPA-Bots arbeiten auf der grafischen Benutzeroberfläche von Anwendungen und folgen einem vordefinierten Workflow. Sie werden auf Fehler laufen, wenn Anwendungsoberflächen oder Prozessabläufe geändert werden. Hier ist eine gut koordinierte Zusammenarbeit zwischen Application bzw. Process Ownern und Bot-Entwicklern wichtig, damit Änderungen rechtzeitig kommuniziert und RPA-Bots angepasst werden.

RPA Governance mit MuleSoft RPA

RPA-Governance ist ein weites Feld, auf dem Sie Ihre Automatisierungslandschaft bestellen. Es gilt, viele Fragestellungen rund um Menschen, Prozesse und Technologie zu klären und zu synchronisieren – langfristig werden Sie so aber die Früchte Ihres RPA-Erfolgs für viele Jahre ernten.

Der plattformbasierte Ansatz von MuleSoft RPA unterstützt die wichtigsten Governance-Themen mit integrierten Methoden und Technologien:

  • umfassendes RPA-Lifecycle-Management für standardisierte und vereinfachte Projektsteuerung – mit Quality Gates und Freigabemechanismen für jede Projektphase
  • granulares Rollen- und Rechtekonzept für kontrollierte, funktionsübergreifende Zusammenarbeit an RPA-Projekten
  • Zentrale Kontroll- und Steuerungsinstanz RPA Manager

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